Nein, die gefällt mir nicht!
Das war meine lapidare Bemerkung bei meinem ersten Kontakt mit einer VerSys vor über einem Jahr. Und der Händler zeigte mir kommentarlos andere Motorräder.
Sie gefällt mir immer noch nicht. Aber wenn ich heute eine VerSys anschaue, erkennt man ein freudiges Lächeln in meinem Gesicht. Und das kam so:
Die Anfahrt zu meinem Kawa Händler ist etwas weiter, so 70/80 km. Damit ich nicht die ganze Zeit rumstehe und dumm schaue oder frage - meine Worte, nicht seine - bekomme ich bei jeder Inspektion eine Leihmaschine. Letztes Jahr gab es als Verlegenheitslösung eine VerSys, die ich eigentlich nicht fahren wollte. Bevor ich damals losfahren konnte, ereilte mich ein Anruf und statt aus der Stadt heraus, musste ich ans andere Ende der Stadt zu einem Kunden. Der Verkehr war an diesem Tag mörderisch, doch die mir ungewohnte VerSys brachte mich angenehm ans Ziel. Auf den letzten Drücker konnte ich raus beim Kunden und zurück, um meine ER-6f abzuholen. Aus geplanten drei Stunden Ausfahrt war weniger als eine Stunde Stadtfahrt geworden.
Auf dem Nachhauseweg vielen mir die Unterschiede und Ähnlichkeiten schnell auf. Meine ER-6f ist wendig und agil, die VerSys etwas mehr, der Überblick auf die Straße ist absolut spitze. Die Armaturen finde ich - pardon - widerlich, und das sonstige Aussehen deckt sich nicht annähernd mit meinen ästhetischen Vorstellungen von einem Motorrad. Aber auf keinem anderen Motorrad bisher habe ich mich so schnell wohl und sicher gefühlt. Die ER-6f kam mir jetzt etwas ungelenk vor. Also nahm ich mir vor, bei der nächsten Inspektion ganz sicher mit einer VerSys eine längere Fahrt zu machen.
Die nächste Inspektion kam und die VerSys war noch eingemottet für den Winter. Da machte dann keine V800er Spaß und für eine GTR1400 fühlte ich mich zu eingerostet. Zudem war noch alles voll Salz und so schmutzig wie mein Töff dürfen die funkelnagelneuen Maschinen nicht zurückkommen. Also keine Ausfahrt in die Hochlagen (ca. 800m ü NN) des Fichtelgebirges. Kurz: Enttäuschung
Nun, gestern war wiedermal eine Inspektion fällig, die GTR1400 fand einen Probefahrer und die VerSys wurde 3, 2, 1, MEINE. Drei Stunden hatte ich Zeit. Also erstmal zurück Richtung Heimat, um von dort die kurze Hausstrecke anzufahren. Montag nachmittag ist da wenig los, also kann man zügig durchfahren.
Ist die Ruhe auf den Strassen so einschläfernd oder eine schwarze VerSys wirklich so leicht zu übersehen? Auf den ersten hundert Kilometern wurde ich häufiger übersehen oder bedrängt als im ganzen bisherigen Jahr auf meiner auffälligeren grünen ER-6f. Manche lernen es auch nie, erst ewig nicht überholen, dann mich zu Abbruch des Überholmanövers eines Traktors (40km/h) zwingen und weil das ganze so schön war, das gleiche hinter dem gleichen Traktor gleich nochmal. Das ABS hat sich dabei auf der verschmutzten Straße gleich bewährt. Erfreut fand ich den guten Durchzug der VerSys ebenfalls bestätigt, und ersparte uns beiden dadurch einen Ausflug in den Straßengraben
In einigen meinen Lieblingskurven lag diesmal wieder Schotter, aber das merkte die VerSys kaum. Mit ER-6f Orginalbereifung erlebte ich da schon einige Schrecksekunden. Die engen Kurven, Sand und Unmengen alter Fichtennadeln auf der Straße steckte sie gutmütigst weg. In die Kurven legte ich mich stärker, auch das Wechseln der Kurvenlagen fühlte sich harmonischer an. Und noch eine Erfahrung, man kann sich extrem reinlegen in die Kurven und Spaß haben oder nicht, die VerSys fährt sie so oder so - von selbst.
Nach 150 km war meine Hausstrecke abgefahren, ca. vier/fünf Minuten langsamer als üblich aber mit so viel Freude und Fahrspaß wie schon lange nicht mehr. Wo ich die Minuten verloren haben soll ist mir allerdings ein Rätsel. Die Aussicht in die Landschaft von der VerSys aus war bisher die Beste.
Zum Schluss ging es auf der Autobahn schnellstens zurück. Auch hier offenbarte die VerSys Qualitäten. Als ich es in einem ruhigen Moment auf der Ebene darauf anlegte fuhr ich laut Tacho 210km/h und hatte noch Reserven. Der geteilte Windschutz hielt selbst beim aufrechten Sitzen voll was er verspricht. Bei meiner ER-6f drückt es mir in geduckter Haltung ab 180km/h den Helm so an, dass die Nasenspitze manchmal ans Visier kommt.
Nach 3,5 Stunden und 283 km war ich etwas erstaunt über den Verbrauch von 5,03l/100km, ca 0,5l mehr als meine ER-6f auf dieser Strecke verbraucht. Eigentlich gilt eine eingefahrene VerSys als sparsamer als die ERs. Vermutlich war der Tank bei der Abfahrt nicht komplett gefüllt.
Zufrieden übergab ich die VerSys und schwang mich wieder auf mein geliebtes grünes Töff und fuhr auf Umwegen nach Hause. In Gedanken stelle ich mir gerade vor, wieder eine VerSys zu fahren, diesmal in den Alpen. Vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit.
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Nein, sie gefällt mir immer noch nicht!
Aber nur rein äußerlich!
Bis zur nächsten Inspektion, VerSys! Hüah!!!!
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Und warum schreibe ich das?
Nehmt es als meinen Dank an ein Motorrad auf das ich mich jederzeit und mit Freude wieder setzen werde. Nehmt es als Freude, dieses herliche Gefühl mit anderen teilen zu können. Allein, fahrt die VerSys nicht in schwarz, damit man Euch beide besser sieht. Passt auf Euch auf!