Nunja, die Chancen, das Ermittlungsverfahren im Sande verlaufen zu lassen sind natürlich am besten, wenn Fahrzeughalter und ertappter Fahrer nicht identisch sind. Denn die Behörde kann nur dann einen Bußgeldbescheid wegen des vermeintlichen Geschwindigkeitsverstoßes erlassen, wenn der abfotografierte Täter in Person ermittelt ist.
Dass dies innerhalb der Verjährungsfrist geschieht, versuche ich wenn möglich zu verhindern. Auf dem Motarrad etwa durch tragen der Eule, wenn ich mal schneller unterwegs bin und mich auf menschenleeren brandenburgischen Landstraßen nicht an jedes bescheuerte 70-Schild halten möchte oder die 6-spurigen Ausfallstraßen Berlins mit Tempo 80 statt mit 50 oder 60 befahre. Sofern es die Verkehrssituation zulässt, tue ich dies völlig ohne dass mich die wegen etwas schwarz-weiß-rot bemalten Weißblechs auch nur die geringsten Gewissenbisse plagen. Im Gegenzug dazu bin ich nämlich mit meiner Kawa noch niemals schneller als mit laut Tacho Tempo 30 an einer Schule oder Kita vorbeigefahren.
Erstaunlicherweise wird dort nur niemals geblitzt. Sondern immer nur in der Pampa. Vornehmlich dort, wo etwas unachtsamere Fahrer gerne mal vergessen auf die Bremse zu treten, so dass statt "erlaubter" Geschwindigkeit, 10 oder 20 Sachen mehr auf der Uhr stehen.
Mit Verkehrssicherheit hat das freilich nichts zu tun, sondern nur damit, dass Buß- und Verwarnungsgeldeinnahmen in den öffentlichen Haushalten a priori fest einkalkuliert sind und deshalb von den uniformierten Wegelagerern mit staatlichem Kaperbrief zum Stichtag 31.12. eingetrieben sein müssen. Sonst kriegen die nämlich ihrerseits Ärger auf dem Dienstweg.
Das alles hat mE auch nichts mit "Gut" und "Böse" oder "Einsichtsfähiger Raser vs. notorischer Bleifuß" zu tun, weil das Fragen sind, die ins philosophische, wenn nicht religiöse reichen. Das kann man mit seinem Psychologen oder Beichtvater besprechen, aber doch nicht mit der Tarifangestellten vom Ordnungsamt oder dem Polizisten des mittleren Dienstes, der einen irgendwo mitten in der Pampa an der Weiterfahrt hindert, weil er eine Zahlendifferenz zwischen Tacho und Weißblech festgehalten haben will.
Alles, was in dem Moment folgt, ist bei ehrlicher Betrachtung doch bloße Schmierenkomödie. Es geht ums Abgreifen von Geld und sonst um nichts. Freilich das alles unter dem Vorwand, ich hätte mit meinem Fahrverhalten die Rechtsordnung übertreten usw. Manchmal moralisierend um das Argument angereichert, es hätten Menschenleben gefährdet werden können. Welches außer dem eigenen erschließt sich dem im märkischen Sand Ortskundigem nicht.
Dass das Risiko beim Biken immer mitfährt, weiß ich nur auch ohne das Theater. Darauf braucht mich niemand mehr hinzuweisen. Erst recht niemand, der das Argument nur vorschiebt, um sich dadurch meine Akzeptanz für seinen gierigen Griff nach meinem Geld zu erhaschen. Straßenraub, der nicht aussieht wie Straßenraub, weil er an das Gewissen appelliert, wird eben schwerer als das erkannt, was er eigentlich ist. So funktioniert Suggestion.
@ cJarek
Bei der modernden Foto-Technik bringt die Tönung des Visiers vermutlich nichts. Vielfach verwenden regionale Ordnungsämter aber auch noch ältere Systeme. Mein Vater fuhr im November letzten Jahres in eine alte ESO My80-Lichtschranke mit Leica-Kamera (noch sehr häufig in den finanziell eher gebeutelten nordhessischen Landkreisen). Er hatte wegen der an diesem Tag tief stehenden Sonne eine Sonnenbrille auf der Nase. Ergebnis: Die Blues Brothers müssen auf Deutschland-Tournee sein. Da kam nichts vom Blitzlicht durch.
Alles eine Frage der Technik, wie mir scheint.
pn77
Ja, das ist in Deutschland. Sogar in der deutschen Hauptstadt.
Deren Ordnungsbehörde ist natürlich etwas überlasteter und somit träger als andernorts, aber die Rechtsnormen sind dieselben. Auch das Droh-Potential ("Wir können ihnen die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen") ist dasselbe. Entscheidend ist, dass man sich nicht einschüchtern lässt und dass die Beantwortung der F-Frage - nämlich wer der Fahrer auf dem Foto ist - für die Behörde oder später den Verkehrsrichter am Amtsgericht irgendetwas zwischen extrem schwer und absolut unmöglich ist. Dass die zuvor einen gewissen Aufwand treiben, indem sie eine Polizeistreife zum Halter schicken, Einwohnermeldeamtsdaten mit den gespeicherten Perso-Fotos abgleichen usw, das muss einem natürlich klar sein. Gerade der Fotoableich mit dem Einwohnermeldeamt ist natürlich ergiebig und wird von den Verkehrsgerichten meist als Beweis für die OWiG-Täterschaft anerkannt. Empfehlung deshalb: Wenn möglich in Partnerschaft, Ehe, Familie, WG etc. die Fahrzeuge tauschen, so dass der regelmäßige Fahrer des Fahrzeugs nicht dessen Halter ist. Der Halter denunziert dann nicht, wie es dieser Staat es selbstredend von seinen Untertanen zu verlangen scheint, sondern macht von seinem Recht Gebrauch, nicht mit Polizei und Ordnungsamt zu sprechen, weil § 163 a die Abgabe von Auskünften nur in Befragungen durch Staatsanwälte und Ermittlungsrichter verlangt. Steht in jedem StPO-Kommentar. Wissen die Polizisten auch, dass Du nicht mit ihnen zu reden brauchst. Sagen sie nur nicht, weil es ihrem Auftrag zum Geldranschaffen zuwiderläuft. Also wird vielleicht ein bisschen gedroht. In Berlin nicht so doll - so vielleicht mit Fahrtenbuch, im Law-and-Oder-Süden BY, BW, RPL vielleicht ein bisschen mehr - vielleicht mit Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Strafvereitelung oder so. Aber auch das könntest Du getrost als bloßes Zähnefletschen abtun. Strafvereitelung setzt nämlich eine Straftat voraus, welche im Übrigen ausermittelt sein muss, d.h. ihre Begehung muss zweifelsfrei feststehen. Bei der Frage, wer wann wo mit welchem Fahrzeug zu schnell fuhr, ist nichts davon gegeben. Weder steht zweifelsfrei fest, was wann durch wen passierte. Und selbst wenn dies schon feststünde, so ginge es allenfalls um eine kleine Ordnungswidrigkeit und nicht um eine Straftat. Was Straftaten sind, steht in § 12 StGB: Vergehen und Verbrechen. Also nichts da mit Strafvereitelung. Wenn dann Bußgeldvereitelug. Aber die zum Glück nicht strafbar. Jedenfalls noch nicht. Mal sehen, wie weit der Rechtsstaat durch die GroKo demnächst noch so abgeschliffen werden wird. Ich habe bei diesem schäbigen Haufen von Betrügern, Veruntreuern, Veoteilsnehmern und Kinderpornokonsumenten irgendwie eher ein ungutes Gefühl. Dass mancher von denen nur zu gerne an § 163 a StPO nagen möchte, um die nach immer weiteren Befugnissen gierende Polizei-Meute zu besänftigen, ist ebenso offensichtlich wie problematisch. Die juristischen Spielräume zu unseren Gunsten werden definitiv enger. Aber so lange die rechtlichen Rahmenbedingungen im Prinzip auf meiner Seite sind und so lange ich nicht Gefahr laufe, für meine abweichende Rechtsauffassung Gestapomäßig verschleppt und in ein dunkles Loch gesperrt zu werden, so lange werde ich den Jungs und Mädels von der Polizei weiter ihre rechtsstaatlich gesetzten Grenzen aufzeigen. Inzwischen habe ich dafür genug Textbausteine, so dass der Zeitaufwand den einer Online-Überweisung nicht mehr nennenswert übersteigt.