1. Fehleinschätzung von Kurven
Zu schnelles Einfahren in unübersichtliche Kurven führt im schlimmsten Fall zum Verlust der Fahrzeugkontrolle. Speziell Geraden vor engeren S-Kurven mit ihrer Verführung zum Beschleunigen leiten diese Situation oft ein. Vielleicht gelingt im ersten Teil der Schikane noch gerade eben das Abbremsen vor einem Rutschen. Dann scheitert der überforderte Fahrer aber womöglich am Umschwingen, insbesondere bei schweren Maschinen.
2. Unterschreitung kritischer Abstände zu Autos
Zu geringer Abstand zum vorderen Fahrzeug, oft einem Pkw, erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auffahrens. Leider ergeben sich insbesondere auf Autobahnen teils erboste Duelle zwischen Auto- und Motorradfahrern. Besonders gefährlich: Manche Autofahrer neigen zum Anziehen der Handbremse – den folgenden Biker soll die nicht per Bremslicht angezeigte Auto-Verzögerung schockieren und auf Distanz halten. Bereits das leichteste Touchieren des Hecks mit dem Vorderrad führt dann gerade bei hohem Tempo wahrscheinlich zum Sturz. Das bei manchen Bikern beliebte Pendeln im Rückspiegel des Autofahrers trägt zu diesem Risiko bei – sowohl provozierend als auch fahrphysikalisch: Kollidiert das Vorderrad in Schräglage, lässt sich ein Motorradunfall kaum vermeiden.
3. Übermüdung
Erschöpfung während langer Touren erhöht das Unfallrisiko in kritischen Situationen erheblich: Entweder reicht die Körperkoordination nicht mehr zum Kontrollerhalt oder die Reaktionszeit wird schlicht zu lang. Denkt daran ausreichend Pausen einzulegen und nicht mit Gewalt ans Ziel zu kommen.
4. Überholen: knapp, knapper, zu knapp
Überholmanöver auf dicht befahrenen Landstraßen mit vielen Kurven zählen vielleicht zu den subtilsten Fallen. Von passiertem Wagen zu Wagen wächst die Sicherheit, auch das nächste, etwas knappere Manöver bei nur etwas dichterem Gegenverkehr noch zu meistern – bis dessen Dichte überraschend zunimmt, etwa am Eingang zu Kurven. Diese schleichende Annäherung an den Unfall passiert gerne auf starken Maschinen mit ihrer beruhigenden Brachialbeschleunigung. Umgekehrt übersehen überholende Autofahrer beim Ausscheren zugleich überholende Motorräder im Rückspiegel und der Motorradunfall ist fast nicht mehr zu vermeiden.
5. Gerne überschätzt: technisches Sicherheitspotenzial
Moderne Maschinen mit erheblich mehr integrierter Fahrsicherheit als in früheren Zeiten vermitteln ein trügerisches Sicherheitsgefühl. Wie bei Pkws gilt: Elektronisch optimiertes Fahrzeugverhalten erleichtert lediglich unfallfreies Fahren innerhalb der Fahrphysik – diese tritt natürlich nie außer Kraft. Wer diese Grenze dann dank der Sicherheitssysteme mit noch höherer Geschwindigkeit überschreitet, erlebt den Kontrollverlust bei noch höheren Kräften.
Beliebter Denkfehler auf der stark gewundenen Landstraße zum Beispiel: „Da kann ich ruhig flott durchzacken – zur Not haut mich mein Kurven-ABS raus.“ Stößt dieses System dann an physikalische Grenzen, folgt der Sturz bei besonders hohem Tempo.
6. Fahrpsychologie: allein und in der Gruppe
Manche, speziell junge, Männer leben Imponiergehabe vor Begleiterinnen sowie sportliche Wettkämpfe oder feindseliges Konkurrenzverhalten mit anderen Bikern auf ihren Maschinen aus. Dies erhöht Unfallrisiken erheblich: Neben dem labilen Gleichgewicht eines zweirädrigen Fahrzeugs reduzieren starke Emotionen die Fahrsicherheit zusätzlich.
Alternativ führt der Wettkampf mit sich selbst zum graduellen Austesten persönlicher und fahrphysikalischer Grenzen. Eine gewisse technische Besessenheit oder die Definition des eigenen Wertgefühls über erbrachte Fahrleistungen führt dann zur Grenzüberschreitung.
7. Mangelnde Fahrerfahrung
Viele Fahranfänger und aus der Routine gekommene Biker neigen nach der anfangs respektvollen Vorsicht zur Überschätzung der eigenen Möglichkeiten. Besonders gefährdet sind hier ältere Männer, die sich, womöglich noch spontan, eine schwere Maschine leisten können. Auf recht geraden Strecken lässt sich dann bei gutem Wetter rasch eine trügerische Sicherheit aufbauen. Bereits die erste kritische Situation kann dann zum Unfall führen.
8. Fahrfehler von Autofahrern und Bikern
Autofahrer befinden sich im Wagen in einer erheblich sichereren Umgebung als Biker auf ihren Maschinen. Entsprechend unaufmerksamer fahren manche Pkw-Lenker auch. So übersehen diese Verkehrsteilnehmer leicht einmal ein Motorrad mit seiner schmalen Front. Speziell im Stadtverkehr mit hoher Verkehrsdichte geschieht dann rasch ein Unfall. Umgekehrt lassen sich Autos zwar weniger leicht vom Motorradfahrer übersehen, was dann aber gerade in Städten oft zum Unfall führt.
Leichte Unaufmerksamkeiten zwischen Autofahrern enden in harmlosen Bagatellschäden, etwas das Touchieren der hinteren Stoßstange im Stau. Ein Bike hingegen fällt dabei oft um, was zu üblen Verletzungen von Fahrern wie Beifahrern führen kann.
Die Fahrphysik von Motorrädern differiert erheblich von der eines Pkws. Ohne eigene Bike-Erfahrung fehlt daher vielen Autofahrern das Einschätzungsvermögen für Wendigkeit und besonders für Beschleunigungsfähigkeit und Endgeschwindigkeit stark motorisierter Zweiräder, speziell bei Saisonbeginn. So ziehen Pkw-Fahrer auf Autobahnen schnell einmal von Auffahrten sofort auf die linke Spur oder schneiden Bikes im dichten Stadtverkehr.
Auf Landstraßen vor engen Kurveneinfahrten fahren viele Autos zu mittig. Kommt dann ein schnelles Motorrad in ausgeprägter Schräglage ebenfalls zu mittig aus der Kurve, kann beispielsweise der Kopf des Bikers mit der Fahrzeugfront kollidieren.
9. Fordernde Straßenbedingungen
Marode oder feuchte Straßenbeläge sowie üppiger Rollsplit mindern die Spurtreue eines Bikes erheblich. Im Herbst tragen Blätter ebenfalls dazu bei. Sind die Reifen dann noch kalt und damit ohne rechten Grip, tauscht schon bei niedrigem Tempo speziell das Antriebsrad seine Roll- gegen Gleitreibung. Dann rutschen ein oder beide Räder in eine Position, in der Motorrad und Fliehkraft den Fahrer nicht mehr gegen die Schwerkraft in der Schwebe halten – der Fahrer fällt zu Boden.
10. Unsichtbare Falle: Kreiselkräfte
Die Kreiselkraft drehender Räder wirkt Versuchen entgegen, die Radneigung zu ändern. Das Neigen oder Aufrichten der Maschine beim Lenken kostet also Kraft – und zwar umso mehr, je schneller sich die Räder drehen und umso mehr Masse sie haben. Massige Räder mit schweren Reifen kosten also bei hohem Tempo spürbar Kraft und Zeit beim Ändern der Fahrtrichtung bzw. des gefahrenen Kurvenradius. Im schlimmsten Fall liegt zum Beispiel nachts bei hohem Tempo in einer engen Autobahnkurve ein Gegenstand auf der Bahn. Reaktionszeit und Zeit zum Ausweichlenken reichen dann manchmal nicht mehr zur Vermeidung einer Kollision.
Immer wieder lebensnotwendig, sich mit den Risiken auseinanderzusetzen